Sherrie Levine in meinem Kopf

Während meinen Recherchen für einen Beitrag zum Thema der Appropriation Art (der Beitrag folgt in Kürze) bin ich auf Sherrie Levine gestoßen und habe mich in ihren Worten und ihrer Arbeit sofort selbst wieder gefunden. Meine Verblüffung darüber, dass selbst meine Gedanken und meine Frustrationen nichts Neues sind, sondern vor Jahren schon Künstler beschäftigt haben, haben mich motiviert diesen Beitrag nun vorzuziehen, da nun scheinbar meine Gedanken auch nur noch unbewusste Kopien sind.

 

Sherrie Levines Arbeit beruht auf der Erfahrung der Unmöglichkeit, etwas Neues machen zu können. So sagt sie selbst:

 

"Du bekommst eine Idee und denkst, die sei toll, und nach bestimmter Zeit stellst du fest, daß genau diese Idee schon seit langem durchgekaut wird. Als ich in der Schule war, war ich ständig frustriert, weil alles was ich tat... irgendwie abgeleitet war."

 

Eben diese Erfahrung habe ich selbst an der Uni gemacht, wie mein Beitrag vom 9. Juli zeigt. Meine eigene Idee hat es in der Umsetzung und vom Konzept schon einmal gegeben. Was also tun, wenn es scheinbar alles irgendwie schon einmal gegeben hat und jede Idee und jedes Konzept schon auf irgendeine Art und Weise behandelt wurde?

Es bleibt scheinbar nur sich damit abzufinden, dass man künstlerisch immer jemanden auf eine gewisse Weise kopieren wird, selbst wenn man es nicht möchte. Wie frustrierend für jemanden, der danach strebt etwas Neues, Originelles, Innovatives zu schaffen. Levine fand eine Überwindung dieser Frustration durch das Kopieren vorhandener Werke. Sie entflieht dem Zwang originell zu sein. Das Paradoxe daran ist, dass sie eben dadurch originell geworden ist. Erschrocken musste ich feststellen, dass auch in meinem Kopf genau die gleichen Gedanken vor sich gingen, was mich überhaupt zu diesem Blog motiviert hat. Auch meine geplanten künstlerischen Projekte  beinhalten Kopien und Reproduktionen von Techniken, Ideen und Konzepten. Aber nicht nur ihre Gedanken und Überlegungen habe ich schon unbewusst geklaut. Es ist mir auch bereits gelungen das Konzept ihrer Arbeit zu kopieren, ohne, dass ich davon wusste.

Levines Arbeit beinhaltet u.a. fotografische Reproduktionen von Fotogefien und Aquarellen. Nach der Strateigie der Potenzierung produziert sie ein Kunstwerk erneut auf einer anderen Ebene bzw. in einem anderen Medium. Eine neue und erweiterte Erfahrung des Kunstwerks wird möglich gemacht. Seien wir ehrlich, wer hat nicht schon ein Gemälde oder eine Skluptur im Museum abfotografiert? Ich bekenne mich schuldig!

Ich bin in der National Gallery in London nicht um ein paar Fotos herum gekommen. Zum Beweis Claude Monets "La Care St Lazare". Warum ich damals dort fotografiert habe kann ich selbst nicht mehr sagen. Wahrscheinlich haben mir einige Bilder einfach gefallen. Ich würde mich allerdings nicht anmaßen diese Fotos als Kunst zu bezeichnen. Was macht also den Unterschied zwischen dem bloßen Abknipsen von vorhandener Kunst und der Schaffung neuer Kunst durch ihre erneute Abbildung?

 

Ich denke auch diese Frage habe ich mir bereits selbst praktisch beantwortet und gleichzeitig irgendwie Sherrie Levine kopiert. Oder war es Igor Mitoraj?

In der Ausstellung angeli auf dem Piazza dei Miracoli in Pisa lernte ich Igor Mitroaj kennen. Begeistert von seinen Skulpturen fotografierte ich sie aus verschiedenen Perspektiven, sodass eine ganze Serie entstand. (Ungelogen hängt sogar ein Bild davon auf Leinwand gedruckt gerahmt in meinem Zimmer.)

 

 


Ich sehe diese Fotografien als künstlerische Arbeit und nicht als bloßes Abbild eines bereits vorhandenen Kunstwerks. Es ist vielmehr meine persönliche Auseinandersetzung mit dem vorhandenen künstlerischen Objekt. Oder wie Levine es sagen würde:„Ich versuche, mich nicht vom Original tyrannisieren zu lassen. Was mich wirklich interessiert, ist die Herstellung meiner Beziehung zum Bild.“ Oder in meinem speziellen Fall zur Skulptur. 

 

Mir scheint wir sind gefangen in der Unmöglichkeit innovativ und originell zu sein. Sherrie Levine ist es durch ihre Kopien gelungen. Mir wiederum bleibt nichts anderes als sie bzw. ihr Konzept und ihre Technik (wenn auch unbewusst) zu kopieren.

 

Mehr Infos zu Sherrie Levine , Claude Monet und Igor Mitoraj findest Du auf "über Künstler".

Die Zitate stammen aus dem Wikipedia Eintrag zu Sherrie Levine und  Romana Rebbelmunds Buch. Genaue Angaben dazu findest du unter "Literatur".

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