Das Klauen in der Kunst

Bei Hanno Rautenberg habe ich gelernt, dass Kunst nicht unbedingt Neues bieten muss. Also ist es nicht automatisch schlecht, bleibt man bei alt bewährtem: Landschaftsmalerei... Stillleben im Sinne des Barock... übermenschlich großen Marmorskulpturen... Porträtfotografie... usw... usw... Aber was, wenn man anfängt eins zu eins zu kopieren? Ist das dann immer noch Kunst oder doch einfach nur kopiert?

Der in den 80er Jahren geprägte Begriff der Apropriation Art würde dies verneinen. Appropriation also übersetzt "Aneignung" ist hier das Thema. Die Appropriation Art strebt also nach Kopien, Teilkopein, Stilkopien und Zitaten. Als ihre Begründer können Sherrie Levine, Mike Bidlo und Philip Taaffe gezählt werden. Sie schufen den Begriff, um ihre Kunst der Nachahmung zu bezeichnen. Trotzdem gehört Wolfgang Beltracchi, der vielleicht bekannteste Kunstfälscher unserer Zeit, nicht zu den Künstlern dieser Kunstrichtung! Warum? Aproppriation Art verfolgt immer ein Konzept in der Verwendung der Kopie. Also macht eine Kopie eines Kunstwerks, um der Vervielfältigung Willen, diese nicht automatisch zu einem eigenen Kunstwerk. Die Idee die dahinter steckt ist entscheidend. 

So spielte Mide Bidlo beispielsweise mit der "Berühmtheit" des Originals mit dem Ziel eines Befreiungsaktes, indem er kopiert ohne die Vorlage gesehen zu haben. Ramana Rebblemund beschreibt seine Grundidee in ihrem Buch über die Appropriation Art wie folgt:

"Der Ruhm eines Originals, im Sinne einer 'Sensation', ist zunächst der Anlaß zur Reproduktion. Durch die Vervielfältigung erlangt das 'Urbild' dann einen hohen Bekanntheitsgrad und wird sozusagen Allgemeingut. Dieser Prozeß fördert einen Automatismus in der Wahrnehmung - der Betrachter sieht ihm bekannte Motive und ordnet sie sofort in die Kategorie 'Kunst' und speziell z. B. 'Picasso' ein. Diese Art des Sehens verhindert geradezu den Blick für neue, unbekannte Werke, weil dem Augenschein nach noch keine Einordnung erfolgen kann (dies bezieht sich natürlich nur auf das Verhältnis der 'Masse' zur Kunst). Von diesen Strukturen befreit sich Mike Bidlo, indem er eine Reproduktion in ein 'eigenes' Gemälde verwandelt."

Genau wie die Lyrik eine Arbeit mit Worten, Rhetorik und Tradition ist, so verstehe ich die Kunstrichtung der Appropration Art als eine Arbeit mit bereits bestehender Kunst und ihrer Tradition. Die Motivation der Künstler für ihre Arbeiten mag verschieden sein, trotzdem vereint sie alle die Weiterentwicklung und Arbeit mit bestehender Kunst.

 

Mehr Informationen zu den Künstlern Sherrie Levine, Mike Bidlo , Philip Taaffe und Wolfgang Beltracchi  findest Du auf "über Künstler"
Das Zitat stammt aus Ramana Rebblemunds Buch. Die Genauen Angaben dazu findest Du unter "Literatur"

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